DSDS «Wo man singt, da lass dich nieder…»

Eigentlich habe ich mit Dschungelcamp, den Geissens, dem Bachelor(e) oder dem Frauentausch nicht viel am Hut. Erstens bleibt mir mit meinem Jahrgang nicht mehr so viel Zeit wie auch schon und versuche deshalb je länger je mehr die Zeit ein wenig sinnvoll zu nutzen und zweitens habe ich kein TV-Anschluss sondern nur NETFLIX. Bei meiner Partnerin in Pratteln nutze ich aber die Gelegenheit mich durch die Kanäle durch zu zappen (Für den Zapper lustiger als für sein Nebenan) und stelle fest, dass die Werbung allgegenwärtig ist und man schnell durch ist. Gestern Sonntag bin ich aber bei DSDS hängen geblieben, die Castingshow, die mich fasziniert, weil sie mit dem provokativen ultra brutalen Bohlen, der alles andere als politisch korrekt ist, aber für Einschaltquoten sorgt. Der obligatorischen Knatsch im Hintergrund des Geschehens ist ein weiterer Turbo und die Truppe der Entrüsteten vollendet das Marketingkonzept.

Was mich aber aus  «beruflichen» 🙂 Gründen interessiert, sind die Kandidaten selber.  Von 10 Sängern/innen sticht immer wieder eine Stimme hervor, die absolut phänomenal ist. Es ist selbstredend, dass eine gewisse Anzahl Kandidaten dazu da sind, sie als Volldeppen zu präsentieren und die Ironie des Ganzen ist die Tatsache, dass die meisten von sich denken, ein Supertalent zu sein insbesondere was die stimmliche Begabung betrifft. Mir tun diese Personen vielfach leid, aber ohne diese Blossstellung würde das DSDS Konzept gar nicht funktionieren, da Schadenfreude und die Blamage anderer halt dem Fernsehpublikum ein grosse Vergnügen bereitet. Ein bisschen Kolloseum mit römischen Spielen steckt in uns allen (einfach ohne blutiges Happening) . Interessant ist, das einige Sänger/innen so falsche Töne von sich geben, dass es jedem, der noch ein wenig hören kann, die Schuhe auszieht. Meine Partnerin neben mir warf ein, warum das denn die Kandidaten/innen nicht selber merken, dass sie kreuzfalsch singen. Eine interessante Frage…

Die Antwort klingt aber irgendwie brutal logisch: Wenn jemand nicht erkennt ob ein Ton richtig oder falsch ist, so erkennt er logischerweise auch nicht, ob er richtig oder falsch singt. Mit anderen Worten: Sollte er in einem Song den Ton F singen, so singt er ihn knapp darunter oder knapp darüber, ohne die Disharmonie akustisch zu erkennen. Das Fiese an der Sache ist, dass ein Song mit falschen Tönen im Kontext mit einem Engagement und einer Selbstüberzeugung dargeboten wird, dass wir rein optisch wirklich einen Star vor uns haben. Haben sie ihr Werk beendet, so harren sie mit grossen Augen der Jury’s Urteil und gucken mit offenen Mündern in die Szene wenn 4x mal abgewunken wird. Sie sind überzeugt, dass die Jury ein Fehlurteil abliefert und bieten noch einen Song an, man kriegt sie fast nicht mehr in den Backstage-Bereich.

Kaum durch die Tür, versprechen sie, dass sie niemals aufgeben werden, da sie wissen, dass sie das Zeug zum Star haben und dranbleiben. Oh Schreck oh Graus, diese Zeitverschwendung. Da kommt mir mein Vater Paul in den Sinn, wenn ich als Jungspunt mal gesagt habe, dass ich eine Band gründen werden und das man von mir hören wird: «Viele sind berufen, nur wenige sind auserwählt.» Wie wahr, wie wahr. Immerhin kam er an viele Events, sogar wenn ich in Dancings (gabs in den 80ern noch) spielte oder auf der Riederalp in den Skiferien. Selbstredend hatte er bei seinen Feiern und runden Geburtstagen, mich immer als Music-Act . Und er wusste zu feiern.

Ich persönlich hatte mal das Glück bei der SRF Sendung «Die grössten Schweizer Talente» dabei zu sein (2014). Und zwar in der Phase wo bereits Publikum anwesend war (Maag Halle). Wir gaben «Folsom Prison Blues» von Johnny Cash in der Originalbesetzung (mit Kontrabass) zum Besten und der musikalische Beitrag gelang uns sehr solide. Meine langweiligen Antworten auf die Fragen von Christa Rigozzie, DJ Bobo und Roman Kirchsberger gingen hingegen so in die Hose. Ich «verschiss» quasi die Möglichkeit unser Trio weiter zu bringen, was mir heute noch ein wenig leid tut für Peter und Markus. Bobo hatte Nein gesagt, Rigozzi JA!!! Sie bleibt für mich immer ein Goldschatz. Roman Kirchsberger war der härteste brutalste Kritiker, Aber was ich vielleicht als 23 Jähriger nicht erkannt hätte: Er hatte mit allem völlig recht! Es ist wie’s ist. Hätte, hätte, Fahradkette…

Mit ein Grund warum es nicht klappt, ist eben, wie mit unserer Situation beschrieben,  das Gesamtpaket. Wenn wir an einer Firmenparty, oder an einem Stadtfest reüssieren, weil die Stimmung perfekt ist, heisst das nicht, dass wir das Zeug zum Star haben. Dies muss man sofort erkennen, andernfalls wird’s schwierig, wenn die bekannte Selbstüberschätzung das Steuer übernimmt. Dass das Entertainment nicht professionell angegangen wird, ist manchmal schwierig zu erkennen. Wenn aber jemand immer noch singt, nachdem die halbe Welt plus eine Jury, die weiss von was sie redet, verklickert hat, dass der Gesang Katastrophe ist und der Auftritt per se nur peinlich und hölzern ist, so wird’s wirklich Zeit  sich ein anderes Hobby oder einen anderen Beruf zu suchen. Und vieles, was wir nicht beeinflussen können, steht ebenfalls im Vordergrund: Alter, Aussehen, Charme, Anziehungskraft aufs Publikum etc.

Gesanglich muss eine Stimme zwei Bedingungen erfüllen: Erstens astreiner Gesang punkto Intonierung. Auf dem Weg zum Superstar haben sie keine Zeit, dieses fehlende Talent auszubilden. Entweder man hört die Töne oder nicht. Basta! Sie brauchen genügend zeitliche Ressourcen für die Entwicklung einer bereits vorhandenen tollen Stimme punkto Atemtechnik, Schonung der Stimmorgane, das Spielen mit den Tönen etc. Zweitens soll die Stimme ein tolles Timbre, einen Wiedererkennungswert haben und Gefühle erzeugen können. Es bleibt wirklich nicht viel Spielraum um zuerst mal zu üben, wie man die Töne trifft. Wenn das Ohr nicht will, dann will es nicht.

Stellt mir ein Schüler die Frage, ob es bei ihm mit Singen was werden kann, dann ist diese Frage in 1 Minute geklärt. Ich spiele einen x beliebigen Ton auf der Gitarre. Nimmt der Schüler den Ton astrein ab: «Go ahead!»


Hier noch ein paar Bilder bei den Vorbereitungen zum Soundcheck zum Casting in der Maag-Halle («Die grössten Schweizter Talente». Wir waren noch nie so gut verdrahtet. Akustik und Sound auf High-Tech-Niveau, dank den SRF Technikern. Auch das Schminken und das Rumhängen war ein cooles Erlebnis und ja: Sven Epiney ist ziemlich gross und mega nett!


Unten links der liegende Kontrabass von von Peter, hinten Technik pur!


Techniker und Kandidaten am vorbereiten und die beiden Gitarren und Amps von mir und Markus


Das Cash-50iger Mik mit entsprechendem Retrostativ auf dem Stern der musikalischen Begierde. Markus (rechts) mit umgehängter Fender ready to Play. Vorne das Pult der Jury, die natürlich nicht zur Probe erscheinen muss 🙂
(rechts: Roman Kirchsberger, mitte: Christa Rigozzi, links: DJ Bobo)


Unser Cash-Outfit für den Vortrag in der Maag-Halle. Angelehnt
and den Film «Walk the Line» mit Joaquin Phoenix.
(Gig im Kentucky Saloon Pratteln)